Eltern und ihre schulpflichtigen Kinder erleben immer wieder vermeidbaren Schulstress durch das leidige Thema mündliche Noten. Zurückhaltendere oder etwas schüchterne Schülerinnen und Schüler sind da oft ein bisschen benachteiligt – schriftlich sind sie einfach besser.
Die mündlichen Noten machen jedoch einen großen Teil der Gesamtnote aus, meist vierzig bis fünfzig Prozent, manchmal sogar zwei Drittel, je nach Fach.
Tipp 1: Nicht für die Schule …
… sondern für das Leben lernen wir. Und im späteren Erwachsenenleben wird ständig mehr oder weniger sinnvolle mündliche Leistung gefordert, in so gut wie jedem Beruf. Schon deshalb bereitet die Schule darauf vor.
Das Wissen darum soll nicht noch mehr Druck schaffen, sondern ein Bewusstsein dafür, warum darauf so viel Wert gelegt wird und die Noten mündlich verbessert werden sollten. Es geschieht nicht, um Dein Kind zu ärgern, sondern, um Deinem Kind gutes Rüstzeug mitzugeben.
Niemand erwartet von Kindern rhetorisch geschliffene Beiträge, von Jugendlichen jedoch schon etwas mehr. Aber vor allem ist erwünscht, dass in der Schule zugehört und etwa einmal in jeder Stunde ein einigermaßen guter Beitrag geleistet wird.
Tipp 2: Qualität ist gefragt, nicht Quantität
Es ist wirklich besser und wirkt sich auf die Notengebung aus, wenn sich nicht andauernd gemeldet und dann wenig Kluges geäußert wird, sondern wenn in jeder Schulstunde ein- bis zweimal eine fundierte und leidlich kluge Bemerkung oder zumindest Frage geliefert wird.
Manchmal werden Tipps gegeben, die das Gegenteil raten. „Melde Dich, so oft Du kannst, egal, ob Du wirklich etwas Vernünftiges zu sagen hast.“ Die Lehrkraft merkt sich dann vor allem, dass Du ziemlich oft Quatsch erzählst. Es nützt Dir also gar nichts. Melde Dich nur, wenn Du wirklich etwas weißt, zumindest ansatzweise.
Dieser Rat dürfte gerade den weniger extravertierten Schülern entgegenkommen. Ihr sollt nicht andauernd irgendetwas sagen, sondern Euch überlegen, was Ihr von Euch gebt, allerdings auch nicht zu lange, sonst sind die Lebhaften und Schlagfertigen schneller. Ja, auch dazu braucht Ihr Zurückhaltenden etwas Mut.
Lasst Euch gesagt sein: Je mehr Ihr lernt, Euch zu äußern, desto mehr Selbstvertrauen entwickelt Ihr. Es wächst ganz von allein, und dann traut Ihr Euch immer mehr, das Wort zu ergreifen, wenn Ihr wirklich etwas beizutragen habt.
Ein guter Lehrer merkt übrigens, wenn Du zu den Schülerinnen und Schülern gehörst, die eine ganze Menge wissen, aber etwas ruhiger sind und mehr Zeit brauchen.
Bei Elternsprechtagen können Dein Vater oder Deine Mutter ruhig darauf aufmerksam machen.
Auch Du als Elternteil kannst mithelfen: Lass Dein Kind ausreden. Hör Ihm zu. Falle Ihm nicht ins Wort, sondern nimm es ernst. Lass es Fragen stellen und beantworte sie.
Tipp 3: Richtig fragen
Eine Frage, die der Lehrkraft zeigt, dass Du zumindest schon ein bisschen was verstanden hast, lautet nicht: „Ich hab das noch gar nicht begriffen. Können Sie das nochmal erklären?“, sondern in etwa so: „Ich habe jetzt verstanden, dass es sich mit XYZ so und so verhält … aber eine Einzelheit ist mir noch unklar, nämlich … Könnten Sie das nochmal erklären? Mir fehlt da ein Puzzleteilchen.“ Oder so ähnlich, Du weißt schon, was gemeint ist. Du zeigst damit, dass Du nicht völlig ahnungslos bist, sondern schon ein bisschen was verstanden hast.
Tipp 4: Drück Dich möglichst gut aus, sprachlich und inhaltlich
Konzentration und Übung sind gefragt. Je besser Du formulieren kannst, desto überzeugender wirkt auch der Inhalt, vor allem, wenn er wirklich Substanz hat. Was Du sagst, spielt natürlich eine Rolle, aber auch, wie Du Dich äußerst – unterschätze das nicht.
Eigentlich selbstverständlich: Sprich in ganzen Sätzen. Gib Dir Mühe bei der Formulierung. Wenn Du Dich vergaloppierst, ist es nicht schlimm, das kommt vor. Sag einfach: „Ich fang noch mal von vorne an.“ Das ist sympathischer, mutiger und selbstkritischer, (und selbstsicherer!) als weiter zu stottern.
Und melde Dich nur, wenn Du die Antwort auch wirklich weißt, zumindest teilweise, siehe Tipp 2. Nein, keine Angst, perfekt musst Du nicht sein. Nur bereit, zu lernen.
Tipp 5: Vertritt Deine eigene Ansicht – aber fundiert
Niemand verlangt, dass Du Deinem Lehrer nach dem Mund redest. Du darfst und sollst widersprechen, natürlich nicht andauernd, aber wenn Du wirklich einen anderen Standpunkt vertrittst, dann äußere ihn – begründen musst Du ihn dann natürlich auch.
Das zeigt der Lehrerin oder dem Lehrer, dass Du Dir Gedanken über ein Thema gemacht hast, dass Du Dir eine Meinung gebildet hast und wie es dazu gekommen ist. Es beweist, dass Du etwas verdaut und verarbeitet hast und nicht nur einfach wiederkäust wie ein Rindvieh, was Dir beigebracht worden ist. Auch dazu braucht es jedoch eine Portion Selbstvertrauen.
Das wächst von Mal zu Mal. Nimm Dir vor, es zu üben. Damit kannst Du richtig Eindruck machen. Es lohnt sich! Auch Lehrer sind nur Menschen, Du kannst ihnen imponieren.
Übrigens: Du bekommst sicher heraus, worauf eine Lehrkraft am meisten Wert legt, was sie oder ihn speziell interessiert. Befasse Dich mit diesen Themen, bereite Dich sehr sorgfältig darauf vor. Damit wirst Du mit Sicherheit punkten.
Tipp 6: Zwei wichtige Zeiten im Schuljahr
Wenn das Schuljahr oder Halbjahr zu Ende geht, gib noch mal richtig Gas. Was Du jetzt tust oder nicht tust, hat besonders viel Gewicht. Du möchtest ein gutes Zeugnis haben? Zeig, was in Dir steckt und, dass Du Dich in den letzten Monaten zu Deinem Vorteil entwickelt hast.
Wenn Du Dir in dieser entscheidenden Zeit merkbar Mühe gibst, wird das ganz sicher entsprechend honoriert. Die Lehrkräfte müssen jetzt Zeugnisnoten verteilen, sie sind darum jetzt ganz besonders aufmerksam. Arbeite mit voller Konzentration, nicht nur, aber auch im Mündlichen.
Was Dir vielleicht neu ist: Der letzte Eindruck wiegt am schwersten, aber der erste ist prägend. Am Anfang eines Schuljahres mach Deine Lehrer auf Dich aufmerksam. Präsentiere Dich als guten Schüler, als interessierte Schülerin. Du bist aufgeweckt und beteiligst Dich.
Gleich am Anfang, in der allerersten Stunde des neuen Schuljahres, zeig Dich als lernbegierig. Was am Anfang und am Ende geschieht, bleibt jeder Lehrkraft in Erinnerung, ob sie will oder nicht.
Tipp 7: Ist mehr ein Trick, funktioniert aber garantiert
Wenn Du etwas Kluges zu sagen oder eine oberclevere Frage hast, geh nach der Stunde zu Deiner Lehrerin oder Deinem Lehrer und liefere einen kurzen, durchdachten und überzeugenden Beitrag. Das ist auch ein guter Rat für die eher Schüchternen: Du musst jetzt nicht vor der ganzen Klasse sprechen, sondern hast ein kleines Gespräch unter vier Augen.
Dieses letzte Ereignis der Stunde nimmt der Lehrer mit. Er behält Dich im Gedächtnis, er weiß und merkt sich, dass Du Dir Mühe gibst. Das sollst Du natürlich nicht andauernd machen, denn Du willst beeindrucken und nicht nerven. Aber ab und zu, so etwa alle zwei bis drei Wochen kannst Du das tun.
Fazit: Rede nicht drauflos, sondern überlege, was Du sagen möchtest – formuliere gut. Stelle Deine Fragen geschickt, überwinde Deine Schüchternheit, vor der Klasse zu sprechen, wenn Du zu den eher Stillen gehörst. Deine Mitschüler wissen auch nicht alles, nicht einmal die Lehrkräfte sind allwissend und frei von Irrtümern. Im Übrigen haben sie kein Interesse, Dich in die Pfanne zu hauen. Sie möchten, dass ihre Schüler gut dastehen.
Noch etwas Klitzekleines zum Schluss: Lies ruhig schon mal in Deinem Schulbuch, wie es weitergeht, was wohl als Nächstes drankommt. Du kannst im Unterricht besser mitreden, wenn Du die Nase ein klein wenig vorne hast und Du hast somit wieder die Möglichkeit mündlich Deine Noten zu verbessern.