Für Kinder ist die Vorweihnachtszeit etwas ganz Besonderes. Die Welt, die sie kennen, verwandelt sich in ein glitzerndes Zauberland, das Sorgen und Nöte unter sich begräbt wie eine dicke Schneedecke graue Straßen. Doch obwohl ihm alle Aufmerksamkeit gebühren sollte, widerfährt dem Weihnachtszauber häufig das Gegenteil.
Denn Feiertage (so sehr jeder von uns sie auch verdient hat) werden vielen Betrieben zum Nachteil, da wichtige Aufgaben an freien Tagen unberührt bleiben. Um gravierende Gewinnverluste möglichst gering zu halten, steigt das Arbeitspensum in der Vorweihnachtszeit folglich enorm an – und das gilt ebenso für den Schulbetrieb.
Für Besinnlichkeit ist in der Schule keine Zeit
Wo Vorfreude vorherrschen sollte, regieren in Wahrheit dringende Deadlines. Auch Lehrern sitzt die durch Weihnachten verkürzte Zeit im Nacken.
Eine bestimmte Anzahl an Leistungsnachweisen muss erhoben werden, damit sich daraus eine valide Endnote zusammensetzen lässt. Zudem wird erwartet, dass sich bezüglich der Themenschwerpunkte des jeweiligen Unterrichtsfachs am Ende des Schuljahres unterm Strich kein Rest findet.
Schülern bleibt somit wenig Zeit für das Schmücken des Tannenbaums, für einen ausgiebigen Bummel über den Weihnachtsmarkt oder einen gemütlichen Einkaufstrip mit der Familie. Bis zum letzten Schultag vor den Ferien wird von Lehrerseite aus jede Unterrichtsstunde genutzt, um möglichst viele Leistungserhebungen durchzuführen.
Pauken, pauken, pauken – so schnell und viel wie möglich
„Bulimielernen“ hört man Lernende oft witzeln, wenn sie ausdrücken wollen, wie sie in kürzester Zeit so viel Prüfungsstoff wie nur möglich in sich aufnehmen. Der Vergleich zu einer schweren Essstörung ist dabei nicht aus der Luft gegriffen.
Doch an den Bedingungen ist bislang noch nicht zu rütteln. Besonders Eltern geraten deshalb in Sorge, wenn sie ihre Schützlinge gestresst nach Hause kommen und stundenlang über Schulaufgaben brüten sehen.
Was könnt Ihr tun, um Eure Kinder zu unterstützen?
1. Tief durchatmen
Zweifellos sind schulische Anforderungen hoch, doch oftmals hegen auch Eltern allzu hohe Erwartungen an die Leistungen ihrer Kinder. Doch zusätzlicher Druck ist weder notwendig noch förderlich. In vielen experimentellen Untersuchungen wurde deutlich aufgezeigt, was im Gehirn passiert, sobald es Druck erfährt.
Die Resultate mögen einige überraschen: Druck – besonders wenn er über lange Zeit vorherrscht – lässt unsere Denkzentrale in einen Modus wechseln, der für das Absolvieren einer Prüfung gänzlich ungeeignet ist.
Bei Stress wird der vorausplanende Teil des menschlichen Gehirns, der sogenannte präfrontale Cortex, übersprungen und eingehende Informationen gelangen direkt in den hinteren Gehirnbereich, zum motorischen Cortex. Dieses Areal ist gemeinhin auch bekannt als „impulsives Gehirn“ und besitzt die Aufgabe, unser Überleben zu sichern, indem es „Kampf-oder-Flucht-Reaktionen“ initiiert.
Eine Prüfungssituation ist für Schüler nichts anderes als eine emotionale Bedrohung, auf die der menschliche Körper in gleicher Weise reagiert wie in früheren Zeiten auf einen Säbelzahntiger. In diesem Zustand können Menschen jedoch nicht logisch denken, geschweige denn einen Test absolvieren.
Zu bedenken ist: Je mehr Stress das Gehirn erfährt, desto häufiger und langanhaltender schaltet der präfrontale Cortex seine Aktivitäten ab, was auf Dauer zu erheblichen Problemen führen kann.
Wenn Ihr als Eltern Euren Kindern diese auf chronischen Stress hinauslaufende Kaskade ersparen wollt, solltet Ihr deshalb zunächst selbst versuchen, zur Ruhe zu kommen. Denn wenn ein Kind seine Familie als sicherer Hafen wahrnimmt, kann es dort viel besser entspannen, wodurch Schulpflichten umso besser gemeistert werden können.
2. Die Schule für einen Moment vergessen
Es erscheint logisch, für mehr Lernzeit geliebte Freizeitaktivitäten sausen zu lassen. Doch in Wirklichkeit sind Hobbies alles andere als hinderlich. Besonders Sport oder Tanzen, aber auch kreative Beschäftigungen wie Musik oder Zeichnen bewirken einen wichtigen Ausgleich und stellen somit erst die Grundvoraussetzung für effektives Lernen dar.
Wenn Ihr also Eure Kinder bekräftigt, auch in stressreichen Zeiten Spaß zu haben und sie ermutigt, sich auszutoben, ist durchwegs mit positiven Lerneffekten zu rechnen.
3. Coolness bewahren
Als Eltern seht Ihr Euch stark in der Pflicht, die schulischen Leistungen eurer Kinder zu überwachen. Die Kleinen sollen anderen in nichts nachstehen, sondern bestmögliche Leistungen zeigen. Es geht schließlich um ihre Zukunft.
Ihr erwartet nicht selten starkes schulisches Engagement, was keinerlei Ausnahmen vorsieht. Doch Ausnahmen sind nicht prinzipiell verkehrt.
Helft Euren Kinder, zwischen wichtigen und unwichtigen Dingen zu differenzieren. Wenn mehrere Tests nacheinander anstehen und sich darunter beispielsweise ein Kunstprojekt findet, gestattet euren Kindern, dieses im Zweifel auszulassen.
Tretet stattdessen mit anderen Elternteilen in Kontakt und erkundigt Euch, wie Mitschüler mit den geballten Anforderungen zurechtkommen. Häufig sind auch andere Mütter und Väter mit der Situation nicht einverstanden, was eine gute Grundlage bietet, Euch zusammenzuschließen und den entsprechenden Lehrer freundlich um Aufschub des Projekts zu bitten.
4. Immer dran denken: Kinder sind keine Maschinen – Gott sei Dank
Ihr als Eltern wünscht Euch, dass Eure Kinder in allen Schuldisziplinen perfekt abschneiden und dadurch eine gute Grundlage für ihr späteres Leben bilden. Doch Kinder sind Menschen und Menschen haben Schwächen. Jeder von uns kann an seinen Schwächen arbeiten, denkt Ihr. Und Ihr habt recht damit.
Aber dennoch muss und darf es Unterschiede geben. Denn wie wäre es, wenn alle die gleichen Fähigkeiten hätten? Ist Individualität nicht etwas Schätzenswertes?
Findet gemeinsam mit Euren Kindern heraus, was sie besonders gut können und schenkt Ihnen dafür Anerkennung. Überlegt, wie euer Nachwuchs seine Talente nützlich einsetzen kann. Und fragt Euch: War ich selbst in allem immer perfekt?
Fehler passieren. Sie müssen sogar passieren, denn aus einem fehlerlosen Leben könnte niemand von uns etwas lernen. Und sei es nur, dass ein Mensch nicht alles wissen oder verstehen kann.
Nehmt das Fest der Liebe zum Anlass und zeigt euren Kindern, wie wertvoll sie für Euch sind. Schenkt Ihnen Vertrauen in ihre eigenen Fähigkeiten, sodass sie zu selbstbewussten Erwachsenen heranwachsen können. In einigen Jahren, wenn Ihr gemeinsam in Erinnerungen schwelgt, werdet Ihr über viele Ausrutscher lachen und Euch freuen, die Schule nicht immer allzu ernstgenommen zu haben.
Eure Kinder werden Euch dankbar sein. Dafür, dass Ihr sie stets genommen habt, wie sie sind – mit Fehlern und mit Schwächen. Denn die Kunst des Lebens lautet letztendlich nicht, nach Perfektion zu streben. Wer ein gutes Leben führt, ist kein Perfektionist, sondern zufrieden mit sich selbst.